„Huta Ferrum“, Eisenhütte, heißt der schmale Roman von Eva Rex. Der Titel ist eine Metapher für Kattowitz. Dort wurde die Autorin geboren, kam mit ihren Eltern aber bereits im Alter von 5 Jahren nach Bielefeld, ganz ähnlich der Heldin des Romans, Agata, oder wie sie eingedeutscht genannt wird: Agathe.
So könnte man meinen, Eva Rex erzähle ihr eigenes Leben. Aber der Roman sei, wie sie in der MischMasz-Runde am 4.9.19 betonte, weitgehend fiktiv.
Die Erzählung pendelt zwischen Vergangenheit und Zukunft, wechselt öfter die Perspektive, die sehnsüchtige Erinnerung an die Kindheit in Polen, die babcia, der kleine Freund Tomek, dann an das kindliche Erleben der Fremde, das Gefühl, Außenseiterin zu sein, die Sprachlosigkeit der Mutter, die wie weggeblasen ist, wenn die Familie nach Polen zu Besuch fährt und trotz des Grau in Grau des Realsozialismus aufblüht.
Dann wieder springt die Erzählung zu dem (schwierigen) Verhältnis, das Agathe mit Alexander, einem verheirateten Deutschen hat. Sie fühlt sich aber auch noch hingezogen zu ihrem Kinderfreund Tomasz/Tomek, der in Polen geblieben ist. Erst auf einer Reise „im jetzt“ in die Stadt ihrer Kindheit und zu Tomek wird ihr klar, dass Erinnerungen nicht das Leben heute ersetzen können, und sie klickt auf den Button „Beenden“. Zuvor aber sucht sie die jetzt verlassenen, oft überwachsenen Industrieanlagen auf, die ihr trotz der Tristesse ein heimatliches Gefühl aufkommen lassen. So bleibt offen, ob Erinnerung eine Art Gefangenschaft ist, oder doch Stoff für Entdeckungen bietet.
Der auf Deutsch geschriebene Roman mit seiner oft bildreichen Sprache liest sich gut und ist sprachlich ambitioniert. Nicht zu Unrecht hat die Autorin, die in Berlin und Leipzig studiert hatte und jetzt in Dresden lebt, zweimal das Literaturstipendium der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen erhalten.
Angeregt durch einige von Eva Rex vorgelesene Auszüge berichteten einige polnisch- stämmige Zuhörer über ihre eigenen Erinnerungen und Gefühle an die alte Heimat und bei der Umsiedlung in ein anderes Land.
Das Buch „Huta Ferrum“ von Eva Rex mit 175 S. ist im Engelsdorfer Verlag Leipzig erschienen und kostet € 13,50.
Wolfgang Howald