Studienfahrt nach Poznań/Posen und Umgebung
– 15. September 2013-09-19
Es ist noch dunkel als um 5 Uhr Morgens der Wecker klingelt. Schnell noch die letzten wichtigen Sachen und die, die man für wichtig hält, in den Koffer packen. Ein Schluck Tee muss reichen, denn um zu frühstücken ist es noch zu früh. Es regnet – also ein Taxi muss her. Am Neustädter Bahnhof rollt ein großer Bus mit Herrn Rabe, unserem Kraftfahrer für die nächsten drei Tage, an. Wir können pünktlich um 7 Uhr starten.
Wir fahren die A13 bis zum Berliner Ring und weiter die A 2 an Frankfurt/Oder vorbei. Nach fünf Stunden sind wir im MOP Zalesie und es heißt: Mittagessen!
Es sollte schnell gegessen werden, denn schon um 14 Uhr werden wir in der Stadtverwaltung Posen am Plac Kolegiacki von Frau Professor Jadwiga Rotnicka, Senatorin der Republik Polen und von Herrn Tomasz Kayser, Vizepräsident der Stadt Posen, und von Vertretern der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Posen erwartet.
Wir wurden in einem historischen Raum mit Kreuzgewölbe, ausgestattet mit passenden stilvollen Schränken, empfangen. Ein großer geschmackvoll gedeckter Tisch mit Kanapees, Kuchen, alkoholfreien Getränken, Kaffee und Tee war ebenso vorbereitet.
Herr Vizepräsident Kayser informierte uns eingehend über die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung der Stadt. Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen der Stadt Posen gehören u. a. Automobilindustrie, Werkzeugmaschinenbau, Informatik und Tourismus. Einen besonderen Platz nimmt die Internationale Posener Messe ein. Posen ist auch eine Stadt der Wissenschaft. Ca. 120 000 Studenten besuchen die Adam-Mickiewicz-Universität und die Hochschulen der Stadt.
Einen besonderen Platz im Kulturleben Posens nehmen Musik und Theater ein. Es seien nur das Opernhaus, die Philharmonie, die Knabenchöre, viele Musikklubs und nicht zuletzt der Internationale Henryk-Wieniawski Geigenwettbewerb, das Internationale Theaterfestival „MALTA“, das Festival der Tanztheater u. v. a. erwähnt.
Von besonderem Interesse für unsere Gruppe war es zu hören, das in Posen traditionell ein Fest der Bamberger gefeiert wird, als Andenken an die Ansiedlung in Großpolen von Deutschen aus dem Raum Bamberg. Herr Vizepräsident Kayser ist ein Nachfahre dieser Bevölkerungsgruppe.
Die parteipolitische Situation Polens hat Frau Senatorin Rotnicka skizziert.
Ein kurzer Rundgang auf dem Altmarkt und ein Aufenthalt in der prachtvollen barocken Pfarrkirche „Fara“ schlossen für diesen ersten Tag unseres Aufenthaltes in Polen das Besichtigungsprogramm ab.
Danach geht die Fahrt zum in einen romantischen Park gelegenen Schloss Będlewo weiter. Hier befindet sich ein Weiterbildung- und Konferenzzentrum des Mathematischen Instituts der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Nach dem Einquartieren und Abendessen mit polnischen Spezialitäten beschließen wir den Abend gemeinsam im Club im Kellergewölbe des Schlosses.
Der Samstagvormittag ist für die Besichtigung der Kathedrale auf der Dominsel und anschließend der Festung Zitadelle mit fachkundiger Begleitung durch Hubert Owczarek, langjähriger Vorsitzender der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Posen, vorgesehen.
Hier in Großpolen mit der Hauptstadt Posen ist die Wiege des polnischen Staates. In der unterirdischen Gruft der Kathedrale auf der Dominsel sind die ersten polnischen Herzöge und Könige beigesetzt. Ihnen ist die sehenswerte Goldene Kapelle im Innenraum der Kathedrale gewidmet.
Nach den vielfältigen Eindrücken in, um und unter der Kirche lädt die Geschichte und die Ruhe der nun zu besichtigenden Festung Zitadelle und der Spaziergang auf ihren Hügeln zum Nachdenken über die wechselvolle Geschichte der Stadt, in der wir zu Gast sind.
Danach entführt uns Herr Owczarek in sein Wohngebiet, wo er in seiner Lieblingsgaststätte das Mittagessen für uns bestellt hat. Wir sind sehr positiv überrascht und beeindruckt!
Es regnet schon den ganzen Tag, deshalb machen wir keinen Stadtrundgang, sondern eine Stadtrundfahrt, um u. a. auch das Kaiserschloss zu sehen.
Es ist nun an der Zeit, den Altmarkt mit dem Renaissance-Rathaus aus dem 16. Jahrhundert und die architektonisch ausgewogenen schönen Paläste genauer in Augenschein zu nehmen. Wir haben die Möglichkeit, an diesem Tag der Museen das außergewöhnliche Rathaus mit dreigeschossiger Arkadenloggias von außen und von innen zu bewundern.
Der späte Nachmittag wird gemeinsam mit den Vertretern der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Posen und mit Familienangehörigen der in Dresden hingerichteten Jugendlichen aus dem Salesianer-Oratorium von der Wronieckastrasse in einer sehr herzlichen Atmosphäre verbracht. Es gibt gute Gespräche, selbstgebackener Kuchen und Kaffee bzw. Tee wird von jugendlichen Mitgliedern der Posener Gesellschaft serviert.
Am Abend im Schloss Będlewo treffen wir erneut im Schlossclub zusammen und pflegen wieder unsere Gemeinschaft.
Der dritte Tag unserer Reise ist für die Region Großpolen vorgesehen. Zuerst führt uns der Weg zu Schloss und Park Kórnik. Es empfängt uns ein imposantes im Tudorstil umgebautes Schloss mit einem durch glückliche Umstände unzerstörten Interieur. Im Schloss befinden sich ein Museum und eine Bibliothek. Beeindruckend sind die Waffen- und Militärsammlungen, die ethnografischen, archäologischen und numismatischen Sammelgegenstände.
Auf der weiteren Reise machen wir eine Mittagspause in Pyzdry. Die Spezialitäten und die Vielfalt der polnischen Küche haben uns alle begeistert.
Die Fahrt geht weiter nach Ciążeń. Hier in einer Außenstelle der Universität Posen haben wir die Möglichkeit, eine Freimaurerbibliothek von europäischem Rang in einem Rokokoschloss in Augenschein zu nehmen. Die Erläuterungen dazu erhalten wir von Andrzej Bendzinski, Leiter dieser Einrichtung.
Im benachbarten Ląd ist ein ehemaliges Zisterzienser-Kloster und die Klosterkirche zu besichtigen. Die Anfänge diese Sakralbauten reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Es offenbaren sich wertvolle Fresken, aussagestarke Gemälde eingebettet in die Architektur der einzelnen Epochen – von der Romanik über Gotik bis zum Barock. Dank der kompetenten Führung erhielten wir auch Informationen über das Funktionieren der damaligen Abtei. Die wechselvolle Geschichte dieser Klosteranlage widerspiegelt zudem die leidvolle Geschichte Polens. Dort sind u. a. sowohl die Unabhängigkeitkämpfe während der Teilung Polens im 19. Jahrhundert als auch die Zeit des Übergangslagers für Priester und der HJ-Ausbildungsstätte während des Zweiten Weltkrieges spürbar.
Seit 1952 befindet sich in diesen Mauern ein Priesterseminar der Salesianer, die hier zu Hause sind, das Kulturerbe pflegen und sich besonders für die Erziehung der Jugend einsetzen.
Nach der Besichtigung und einer kurzen Begrüßung durch den Rektor des Seminars war die Zeit gekommen die Rückreise nach Dresden anzutreten.
Jadwiga Schöne