Der Jurist Werner Ventzki, geboren in Stolp/Pommern, machte als junger überzeugter NS-Funktionär schnell Karriere und brachte es bis zum Oberbürgermeister von „Litzmannstadt“, wie die Nazis die polnische Stadt Łódź nannten. Ihm unterstand auch die Verwaltung des nach Warschau zweitgrößten Ghettos. Darüber aber schwieg er nach dem Krieg auch seinem Sohn gegenüber und verharmloste seine Rolle im NS-System.
Dieser, Jens-Jürgen Ventzki, 1944 in Łódź geboren, erhielt hierüber erst spät und eher zufällig Gewissheit. Er folgt den Spuren des Vaters, recherchiert in Archiven in Łódź, Berlin, Ludwigsburg, Jerusalem (Yad Vashem), besucht sein Geburtshaus, sucht das Gespräch mit Historikern. Es gelingt ihm, Kontakt zu Überlebenden des Ghettos „Litzmannstadt“ und deren Nachkommen aufzunehmen. Vorsichtig bildet sich Vertrauen.
In unserer gut besuchten Veranstaltung am 13.11.13, zusammen mit HATIKVA und der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, zeigten wir zunächst den Dokumentar-Film des polnischen Regisseurs Piotr Szalsza „Ventzki – Kinder der Täter, Kinder der Opfer“. Er hatte Jens-Jürgen Ventzki auf seinen Reisen nach Łódź begleitet. Danach stellte Jens-Jürgen Ventzki sein Buch vor, in dem er anhand von Dokumenten, Erinnerungen, Literatur- und Archivstudien den Lebensweg seines Vaters als Gauamtsleiter, Reichsredner, Oberbürgermeister, als Mitglied der Waffen-SS und als späterer Beamte der Bundesrepublik schildert. Als Resultat auch der angeregten Diskussion mit dem Publikum lässt sich festhalten, dass die Auseinandersetzung des Sohnes mit einem schwierigen Erbe, mit seinen „zwei Vätern“, einen hoffnungsvollen Weg im Umgang mit der Last der Geschichte zeigt.
(Wolfgang Howald)